Ruhr-Universität Bochum

Cytologie

Molekulare und strukturelle Neurodegeneration

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) – Neue Einblicke aus dem Wobbler-Mausmodell

Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine der häufigsten Motoneuron-Erkrankungen im Erwachsenenalter und zeichnet sich durch ihre hohe Heterogenität aus. Sie kann auf vielfältige genetische Ursachen zurückgeführt werden, doch bei mehr als 80% der Patientinnen und Patienten bleibt die genaue Ursache unentdeckt. Unsere Arbeitsgruppe widmet sich der Erforschung dieser komplexen Erkrankung, insbesondere durch das Studium des Wobbler-Mausmodells, das wichtige Einblicke in die Pathomechanismen der ALS bietet, um neue Ansätze für therapeutische Interventionen zu erforschen.

Die Wobbler-Maus, ein seit den 1950er Jahren bekanntes Modell für ALS, spiegelt viele Symptome der menschlichen ALS wider und dient als wertvolles Werkzeug, um die zugrundeliegenden Prozesse der Erkrankung zu verstehen. Unsere Forschung konzentriert sich auf die Identifizierung gemeinsamer molekularer Pathologien, die bei der Mehrheit aller ALS-Fälle eine Rolle spielen könnten.

Unsere Forschung zeigt, dass oxidativer Stress und mitochondriale Dysfunktion zentrale Rollen im Krankheitsverlauf spielen (Stein et al., 2021). Insbesondere haben wir festgestellt, dass oxidative DNA-Schäden wichtige Faktoren in der Pathogenese der ALS sind. Interessanterweise ist dieser Schaden in Wobbler-Mäusen durch den Einsatz von Antioxidantien reversibel, was auf potenzielle therapeutische Ansätze hindeutet (Junghans et al., 2022). Zusätzlich konnten wir eine Fehlregulation im Glutathion-Metabolismus aufdecken, die sich spezifisch im Zentralnervensystem (ZNS) ausbreitet (Wunsch et al., 2023). Diese Ergebnisse könnten neue Perspektiven für das Verständnis der Krankheitsmechanismen und die Entwicklung zielgerichteter Therapien bieten.

Eine weitere wichtige Erkenntnis betrifft den NAD-Metabolismus. Die verminderte Expression der NMNAT2-Enzyme im Rückenmark von Wobbler-Mäusen deutet auf Defizite im NAD-Stoffwechsel hin, was zu einer reduzierten Energieproduktion und einer beeinträchtigten Neuroprotektion beitragen kann (Röderer et al., 2018). Die Supplementierung mit NAD verbesserte die neuronale Gesundheit in der Zellkulturschale (Zwilling et al., 2020), was den NAD-Metabolismus als einen weiteren vielversprechenden therapeutischen Angriffspunkt ausweist.

Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, über die primäre Ursache der ALS hinauszublicken. Durch ein besseres Verständnis der gemeinsamen molekularen Mechanismen, die der Mehrheit der ALS-Fälle zugrunde liegen, könnten wir den Weg zu effektiveren Behandlungsmöglichkeiten für eine breitere Gruppe von Patientinnen und Patienten ebnen.

Junghans, M., John, F., Cihankaya, H., Schliebs, D., Winklhofer, K. F., Bader, V., Matschke, J., Theiss, C., & Matschke, V. (2022). ROS scavengers decrease γH2ax spots in motor neuronal nuclei of ALS model mice in vitro. Frontiers in Cellular Neuroscience, 16(August), 1–19. doi: 10.3389/fncel.2022.963169

Röderer, P., Klatt, L., John, F., Theis, V., Winklhofer, K. F., Theiss, C., & Matschke, V. (2018). Increased ROS Level in Spinal Cord of Wobbler Mice due to Nmnat2 Downregulation. Molecular Neurobiology, 55, 8414–8424.                     doi: 10.1007/s12035-018-0999-7

Stein, J., Walkenfort, B., Cihankaya, H., Hasenberg, M., Bader, V., Winklhofer, K. F., Röderer, P., Matschke, J., Theiss, C., & Matschke, V. (2021). Increased ROS-Dependent Fission of Mitochondria Causes Abnormal Morphology of the Cell Powerhouses in a Murine Model of Amyotrophic Lateral Sclerosis. Oxidative Medicine and Cellular Longevity, 2021, 6924251. doi: 10.1155/2021/6924251

Wunsch, F. T., Metzler-Nolte, N., Theiss, C., & Matschke, V. (2023). Defects in Glutathione System in an Animal Model of Amyotrophic Lateral Sclerosis. Antioxidants, 12(5). doi: 10.3390/antiox12051014

Zwilling, M., Theiss, C., & Matschke, V. (2020). Caffeine and NAD+ improve motor neural integrity of dissociated wobbler cells in vitro. Antioxidants. doi: 10.3390/antiox9060460

Abbildung: Aufgedeckte Pathomechanismen im Rückenmark der Wobbler-Maus.
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